2017-08-15

Wein-Fundstücke im Kanton Basellandschaft

Viele kennen den Kanton Baselland kaum. Zu sehr lockt das kulturelle Angebot der Stadt Basel. Doch in Sachen Weinbau hält die ländliche Umgebung der Metropole klar den Trumpf in der Hand. Es liegt wohl an der kulturellen Zurückhaltung, dass die Winzer nicht bekannter sind, denn eigentlich geben sie richtig Gummi.

Die Hauptverkehrsachsen führen zwar an den Weinbaugebieten des Baselbiets vorbei, doch mit dem öffentlichen Verkehr oder zu Fuss sind sie gut zu erreichen. Was sich auch deshalb lohnt, weil nicht nur die Grösse beachtlicher ist, als von vielen Nichtbaslern vermutet, sondern auch die Qualität.

Die Rebfläche betrug 2016 rund 140 Hektare, was etwa einem Hundertstel der gesamtschweizerischen Anbaufläche entspricht. Bestockt ist die Fläche mit 30 Prozent weissen und 70 Prozent roten Rebsorten. Bei den roten Trauben ist der Pinot Noir deutlich der König. Erst mit grossem Abstand folgen Regent und Cabernet Dorsa, bei den weissen Trauben macht Müller-Thurgau das Rennen, weit vor Kerner, Gutedel (das deutsche Synonym für Chasselas) oder Sauvignon Blanc.

Quereinsteiger mit Wurzeln
An solchen Statistiken lässt sich das besondere Klima allerdings nicht erkennen. Vor allem die Weinberge nahe der französischen Grenze sind stark beeinflusst vom Klima der burgundischen Pforte, die sich zwischen den Vogesen und dem Jura öffnet, was den Durchfluss mediterraner Luft aus dem Rhônetal ermöglicht und für ein mildes Klima sorgt.

Was beispielsweise dem Trio vom Quergut in Arlesheim nutzt, das gleich zwei Rebberge vereint: den Steinbruch und den Schlossberg. Ersterer wird von Thomas Löliger nach den Richtlinien von Bio-Suisse bewirtschaftet und ist von der Gemeinde gepachtet. Der Schlossberg wiederum ist im Familienbesitz von Michael Huber, der ihn zusammen mit seiner Frau in vierter Generation bewirtschaftet.
Alle drei sind sie Quereinsteiger in Sachen Wein, haben neben der Arbeit im Weinberg und Keller noch eine zweite Berufung, nämlich Löliger im Verwaltungsbüro und Huber sowie seine Frau Cécile Bühlmann als Teilzeitlehrer. Seit 2014 werden beide Reblagen unter dem vielsagenden Namen Quergut vermarktet.

Im Steinbruch konzentriert sich Thomas Löliger auf die mehltauresistenten Sorten Johanniter und Cabernet Jura, Blauburgunder und Chardonnay. Auch für seinen Rosé verwendet er ausschliesslich die Trauben des Cabernet Jura: ein fruchtiger, süffiger Wein, der im Vergleich zu vielen Roséweinen mit einem heutzutage tiefen Alkoholgehalt von 12,7 Prozent überzeugt und ideal als Apérowein und zu Grillpartys gereicht werden kann.

Auf dem Schlossberg wird zumeist auch sortenrein gearbeitet. Sogar der Schaumwein ist aus 100 Prozent Pinot Noir-Trauben gekeltert und nach der traditionellen Methode, also mit zweiter Gärung auf der Flasche, hergestellt. Doch bei einem ganz besonderen Wein wird von der Ein-Trauben-Regel abgewichen.

Das Quergut hat die Ehre, seine Assemblage aus Pinot Noir und Syrah aus der Lage Schlossberg als basellandschaftlichen Staatswein 2017 zu bezeichnen. Dieser Wein wird vom Kanton an staatlichen Anlässen ausgeschenkt.

Der Heimkehrer mit nachhaltigem Esprit
Antoine Kaufmann kehrte vor wenigen Monaten zusammen mit seiner Frau aus Südfrankreich zurück. 18 Jahre lang leitete er das biologisch geführte Weingut Château Duvivier der Delinat-Gruppe im Departement Var in der Provence: seit Jahrzehnten das Vorzeigeweingut in Sachen biologischem Weinbau und nachhaltiger Bodenbewirtschaftung.

Doch Familie Kaufmann zog es zurück in die Weinberge des Baselbiets. Fündig wurden sie auf der Domaine Nussbaumer. Anfang 2017 übernahm das Winzerehepaar das bekannte Weingut in der wunderschönen Klus bei Aesch. Die Ernte 2016 wurde bereits durch die neuen Besitzer gekeltert, das fünf Hektare grosse Weingut ist auf biodynamischen Anbau nach den Demeter-Richtlinien umgestellt.

Die Vorbesitzer, Spitzenköchin Josy Nussbaumer und ihr charismatischer Ehemann Winzer Kurt Nussbaumer, erschufen in den 90er Jahren mit ihrem betriebszugehörigen Restaurant einen echten Hotspot für Geniesser. Gemäss den Kaufmanns soll auch dem Gastrobetrieb wieder neues Leben eingehaucht werden.

Der Referenzbetrieb und seine Macher
Urs Jauslin führt seit 33 Jahren den Familienbetrieb in Muttenz. Ein dynamischer Mann mit klaren Worten, seit Jahren der Vorzeigewinzer des Baselbiets. Und mit einem Anspruch an Qualität, der seinem Familienweingut wiederholt prestigeträchtige Auszeichnungen beschert.
Vor fünf Jahren gewann er am Wettbewerb Mondial des Pinots mit seinem Prestige-Pinot «Hohle Gasse» den Titel «Gran Maestro du Pinot Noir». Es war vielleicht das erste Mal, dass die Schweizer Weinwelt bemerkte: Im Baselbiet wird Wein gekeltert und das auch noch in herausragender Qualität! Jauslin gehört heute sowohl bei der Europäischen Weinzeitschrift Vinum als auch beim Gault&Millau zu den Top-100-Winzern der Schweiz.

Die Söhne von Urs Jauslin packen heute als die fünfte Generation mit an. Während Oliver noch die Schulbank drückt, aber dennoch mithilft beim Weinverkaufen, im Rebberg und bei Anlässen, absolvierte Adrian vor wenigen Jahren die Winzerlehre an der Fachschule in Wädenswil.

Fehlt eigentlich nur noch, dass zumindest einer der Baselbieter Winzer Mitglied der renommierten Vereinigung Mémoire des Vins Suisses wird, der Schatzkammer des Schweizer Weins. Denn neben dem Lagerpotenzial und der teilweise herausragenden Qualität der Weine spiegeln sich in den Baselbieter Weinen auch ein ganz eigener Charakter und ein besonderes Terroir wider.

(Quelle: Wein.com Seit vielen Jahren ist Cécile Richards als Fachfrau für Wein und Kulinarik aktiv, journalistisch, beratend und erklärend. Die Weinakademikerin lebt in der Nähe von Zürich und interessiert sich nicht nur für gealterten Schweizer Chasselas, sondern auch für Schaumweine und spannende Begegnungen mit Winzern und Köchen.)


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