2019-11-06

Bundesrat gegen Weinkarten-Vorschrift

Der Bundesrat lehnt eine Motion ab, die verlangt, dass Gaststätten mindestens 50 Prozent Schweizer Weine im Angebot führen müssen.

Die Motion stammt von Nationalrat Jean-Luc Addor (SVP/VS) und wurde am 27. September 2019 eingereicht. Er argumentiert, dass in öffentlichen Gaststätten zu oft ausländische Weine angeboten würden, obwohl die inländischen Produzenten in gewissen Jahren grosse Mühe hätten, die Produktion abzusetzen.

Der Bundesrat sieht weder eine ausreichende Verfassungsgrundlage noch ein übergeordnetes öffentliches Interesse, die es erlauben würden, in diesem Fall von der Wirtschaftsfreiheit abzuweichen, wie er in seiner Antwort schreibt. Als weitere Gegenargumente nennt er internationale Verpflichtungen, die Kompetenz der Kantone im Bereich des Alkoholausschanks sowie einen erheblichen bürokratischen Aufwand.

Eingereichter Text
Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament die nötigen gesetzlichen Grundlagen vorzulegen, damit die öffentlichen Gaststätten in unserem Land verpflichtet werden, in ihrem Weinangebot mindestens 50 Prozent Schweizer Wein zu führen.

Begründung
Viel zu oft werden in den öffentlichen Gaststätten unseres Landes ausländische Weine angeboten. Dabei haben unsere inländischen Weinproduzenten, zumindest in gewissen Jahren, grosse Mühe, die einheimische Weinproduktion abzusetzen. Um diese für unsere Wirtschaft wichtige Branche zu unterstützen, sollen die nötigen Massnahmen getroffen werden, beispielsweise indem für die Erteilung eines Wirtepatents die Anforderung aufgestellt wird, dass ein ausreichendes Angebot an Schweizer Weinen auf der Getränkekarte steht. Dass Schweizer Wein die Hälfte des Weinangebots ausmachen muss, scheint im Interesse unseres Landes ein Minimalziel.

Stellungnahme des Bundesrats vom 6. November 2019
Der Marktanteil der Schweizer Weine belief sich 2018 auf 36,6 % (+1,6 % gegenüber 2017). Er hat sich seit 2005 zwischen 35 % und 38 % eingependelt. Seit über 25 Jahren geht der Weinkonsum in der Schweiz insgesamt zurück, wobei diese Abnahme nicht mehr mehrheitlich zulasten der Schweizer Weine geht, wie es vor 2005 der Fall war. Gemäss der Demoscope-Studie «Herkunft Schweizer Landwirtschaftsprodukte» aus dem Jahr 2019 ist für 75 % der Befragten die Herkunft des Weins wichtig, aber nur 33 % bevorzugen beim Kauf immer oder meistens Schweizer Wein gegenüber ausländischem. Eine Studie der M.I.S. Trend aus dem Jahr 2017 zeigt, dass 53 % des Weins zu Hause, 25 % bei Freunden und 22 % in Horeca-Gastbetrieben (Hotels, Restaurants und Cafés) konsumiert werden. 48 % der Befragten gaben an, im Restaurant ausschliesslich oder eher Schweizer Wein zu konsumieren, und 29 % der Befragten konsumieren ausschliesslich oder eher ausländischen Wein; die anderen konsumieren sowohl Schweizer als auch ausländischen Wein.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass ein allgemeines Potenzial zur Steigerung des Marktanteils von Schweizer Weinen vorhanden ist, das besser ausgeschöpft werden kann, insbesondere durch die Horeca-Branche. Die Vermarktung der Schweizer Weine ist jedoch von der unternehmerischen Initiative der Branchenakteure abhängig. Der Bund unterstützt subsidiär die Finanzierung von Massnahmen der Weinbranche zur Förderung des Verkaufs von Schweizer Weinen. Zu diesem Zweck wurde ein Betrag in Höhe von 3,2 Millionen Franken für das Jahr 2019 festgesetzt.

Die vom Motionär vorgeschlagene Massnahme stellt eine Einschränkung der durch die Verfassung garantierten Wirtschaftsfreiheit dar.
Der Bundesrat sieht weder eine ausreichende Verfassungsgrundlage noch ein übergeordnetes öffentliches Interesse, die es erlauben würden, im vorliegenden Fall vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abzuweichen. Die vorgeschlagene Massnahme sollte auch mit dem internationalen Handelsrecht vereinbar sein. Insbesondere ist daran zu erinnern, dass die Schweiz nach dem Grundsatz der Inländerbehandlung im Rahmen der WTO-Verpflichtungen und der Freihandelsabkommen dazu angehalten ist, Erzeugnisse einer anderen Vertragspartei nicht weniger günstig zu behandeln als gleichartige Erzeugnisse nationalen Ursprungs. Darüber hinaus unterliegen die Bewilligungen für Betriebe mit Alkoholausschank hauptsächlich den kantonalen Gesetzgebungen. Die Einhaltung von Vorgaben bezüglich der Wahl von Weinen, die für eine Bewilligungserteilung Voraussetzung ist, müsste kontrolliert werden, was zu einem erheblichen bürokratischen Aufwand und hohen Kosten für Kantone und Betriebe führen würde.

Antrag des Bundesrates vom 6. November 2019
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

(Quelle: sda, parlament.ch)


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