2020-05-19

Massentourismus ade, Platz dem sanften Tourismus

Als Vorzeigebewegung, die fast eine Million Menschen in mehr als 160 Ländern umfasst, setzt sich Slow Food seit mehr als dressig Jahren ein fu?r das Recht auf gutes, sauberes und faires Essen fu?r alle. Der Respekt vor dem Menschen und seiner Umgebung steht im Mittelpunkt des Ansatzes.

Die «Fondation pour la Promotion du Goût» zielt darauf ab, die Vielfalt der Geschmäcker und Lebensmittelkulturen in unserem Land zu würdigen, die Tradition zu bewahren und gleichzeitig zu kulinarischen Innovationen zu ermutigen sowie lokale und nachhaltige Produktionen zu bewahren. Nach der Genusswoche, ihrem Flaggschiff-Event seit 20 Jahren, entwickelt sie ein neues Projekt: die «Grossen Genuss-Orte». Es hat zum Ziel, ein Netzwerk von Regionen zu erstellen, deren kulinarisches Erbe als Fahnenträger ihres touristischen Angebots dienen soll.

Diesen Ansatz unterstützt Slow Food Travel mit einem bereits bestehenden Projekt zur Förderung ländlicher Gebiete rund um die lokale Gastronomie. Dieses Projekt bündelt touristische Angebote in Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren, zunächst im Wallis, zu einem späteren Zeitpunkt in der ganzen Schweiz.

Die Entstehung dieser Gourmet-Geographie unseres Landes soll weiterreichende Ambitionen wecken: Die Schweiz soll sich auf nationaler und internationaler Ebene als «öno-gastronomischer Pol» positionieren. Als Reiseziel mit langer und vielfältiger kulinarischer Traditionen hat die Schweiz ein grosses Interesse daran, dieses Erbe nachhaltig zu gestalten.

Die aktuelle Gesundheitskrise wirft wichtige Fragen auf, auch in unserem Modell der Tourismusentwicklung. Einigkeit herrscht drüber, dass es nicht ausreichen wird, eine Rückkehrstrategie zum Zustand vor Virusausbruch zu entwickeln. Die Herausforderung besteht nicht mehr nur im Erstreben touristischen Mehrwerts in materieller und immatrieller Hinsicht, sondern das Ziel muss sein, einen regenerativen Tourismus zu fördern zum nachhaltigen Nutzen für Mensch und Umwelt.

Eric Jakob, Direktor Wirtschaftsförderung beim SECO, erinnerte anlässlich einer Medienkonferenz am 27. April daran, dass es nicht nur darum geht, neue innovative und originelle Produkte zu fördern, sondern neue innovative und originelle Produkte zu schaffen, die den Erwartungen der Besucher gerecht werden. Vor COVID-19 zeigten zahlreiche Studien und Umfragen bei Reisenden bereits die Bereitschaft zu alternativem Reisen, sich Zeit zu nehmen, die Freuden des Essens zu geniessen, lokale Produkte und Weine zu probieren und in die Kultur und das Erbe der Region einzutauchen, die sie besuchen. Vermehrt nun rücken diese Bestrebungen in den Mittelpunkt. Wir mu?ssen sie umsetzen, indem wir die Werte, die für die Zukunft am vielversprechendsten sind, in den Mittelpunkt des Tourismusprojekts Schweiz stellen: Sinnfrage, Emotionen, Erlebnis, und menschliche Begegnungen mit Respekt und Austausch.

Der sanfte Tourismus muss ab sofort einen prominenten Platz in den Strategien der Schweizer Tourismusindustrie innehaben. Wir hoffen, dass über die Ankündigungseffekte hinaus auch von Bundesseite den zahlreichen Projekten, die diese Richtung einschlagen, die finanziellen Mittel und die Anerkennung zukommen, die es der Schweiz ermöglichen, sich künftig als Vorbild zu positionieren. Alle Tourismusakteure müssen die Chance dieser deutlich verstärkten Nachfrage ergreifen. Das ist unsere gemeinsame Herausforderung.


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