2011-04-17

Der Alkoholfreie Nichtraucher

Seit Jahren galt die Erkenntnis, durch viele Studien gestützt, als sicher: Rotwein in mässigen Mengen dient der Herz-Kreislauf-Prävention. Berühmt wurde die «mediterrane Diät» mit ihrer gesunden Mischung aus Olivenöl, Gemüse und hellem Fleisch, verbunden mit dem täglichen Glas Bordeaux oder Chianti.

Nun ist aber wieder alles anders: Ein internationales Forschungsteam behauptet neuerdings, selbst das bisher empfohlene Schöppchen Wein pro Tag weise ein evidentes Gesundheitsrisiko auf und führe zu erhöhtem Krebsrisiko. Nur absolute Abstinenz sei wirklich gesund. Dieser neue Befund wird kräftig propagiert, eine grosse Schweizer Tageszeitung hat ihm am vergangenen Donnerstag sogar den Hauptartikel auf der Frontseite gewidmet. Die Weltgesundheitsorganisation hat bereits ihre Empfehlungen angepasst.

Damit ist klar, was nun auf uns zukommen wird. Nachdem das Rauchverbot flächendeckend umgesetzt ist und überall noch weiter perfektioniert wird (in einzelnen Luzerner Restaurants darf man auch nicht mehr auf der Terrasse rauchen), wird der Alkoholkonsum die nächste Zielscheibe sein. In Kürze sind parlamentarische Vorstösse zu erwarten, welche das Bundesamt für Gesundheit, die Krankenkassen, Präventionspolitiker und andere Koryphäen dankbar aufnehmen werden. Vielleicht werden Wein und Bier künftig nicht gleich Cannabis, Kokain und Heroin gleichgestellt, aber ein engmaschiges Präventionsgesetz ist schon bald zu erwarten. Da der Druck aus der EU geringer sein wird als beim Rauchverbot (immerhin sind einzelne Regionen in Frankreich, Spanien, Italien und Portugal existenziell vom Weinbau abhängig), dürfte man auch hierzulande subtiler vorgehen. Aber man muss damit rechnen, dass die Alkoholsteuer massiv aufschlägt, dass Wein-Sonderaktionen bei Coop und Denner verhindert werden, dass Alkoholwerbung untersagt wird und dass man zuletzt eine Art Waffenschein für eine Flasche Wein lösen muss.

Das Interessante an dieser neuen Studie ist, dass sie ausgerechnet dann aufs Tapet kommt, wenn man in der Schweiz zu merken beginnt, dass ein gröberer Unfall im AKW Mühleberg die ganze Stadt Bern verseuchen würde. Doch wo ist hier das Präventionsgesetz?

Quelle: Südostschweiz, Ausgabe Graubünden, Andrea Masüger


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