Magisch lockt die Bezeichnung «Barrique» auf der Etikette. Edel und Respekt erheischend gibt sich der Zusatz «élevé en fût de chêne». Viele Weine verkaufen sich allein über die Nennung von «barrel fermented», im Barrique vergoren, oder «oak aged», mit Holzschnitzeln im Tank gereift. In den Köpfen zahlreicher Weintrinker gilt der Ausbau im Holzfass nach wie vor als Voraussetzung für einen guten Wein.
Das stimmt so nicht. Doch der Grund für diese Meinung basiert auf ganz grossen Gewächsen. Ende der 1960er Jahre begann der italienische Önologe Giacomo Tachis in der Kellerei der Marchesi Antinori damit, Sangiovese nach dem Bordelaiser Vorbild in Barriques auszubauen. Aus diesen Versuchen, ergänzt mit Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc, entstanden die Super-Toskaner Tignanello, Solaia und Sassicaia. Mit Giacomo Tachis als Vorbild, kauften die bekanntesten italienischen Winzer und Önologen Barriques aus Französischer Eiche und produzierten vorerst extreme «Brettsäfte», wie die experimentellen Weine in den Anfangsjahren häufig genannt wurden. «So viel Holzgeschmack war absoluter Nonsens», sagte Giacomo Tachis Jahre später in einem Interview mit dem Weinmagazin «The Decanter». «Wir wollten den Wein nicht aromatisieren, sondern auf die bestmögliche Art reifen lassen.» Doch dieser neue Weinstil fand rasch seine Anhänger, die bereit waren, für solche, nicht AOC-konformen, «vini da tavola» (Tischweine) genannten Gewächse viel Geld zu bezahlen.
Noch heute sind in Barriques ausgebaute Weine die teuersten auf den Preislisten. Was ist der Grund dafür, dass 34 gebogene Bretter – gefüllt mit Wein – seit Jahrzehnten dermassen den Ton angeben? Schliesslich geht es dabei nur um einen gewissen Sauerstoffaustausch. Und das hat mit der sagenumwobenen Barrique rein gar nichts zu tun. Im Gegenteil. Im Barrique nimmt der Wein in erster Linie Holz- und Röstaromen auf, die ihn rund um den Globus einheitlich nach Vanille und Karamell schmecken lassen. Dieser anhaltende Trend ist für Weinliebhaber des Teufels. Gott sei Dank rücken immer mehr Winzer den Geschmack der Trauben in den Vordergrund und setzen Holz zurückhaltend ein. Selbst im Bordelais – wo nie ein Wein als «Barrique» bezeichnet wurde, obwohl die kleinen Fässchen dort ihren Ursprung haben – buchstabieren Kellermeister und Önologen in Sachen Holz zurück.
Barriques – Meisterwerke?aus Holz, Feuer und Wasser
Der Küfer hat ein geschultes Auge. Millimetergenau passen die zu Dauben gebogenen Bretter in die Stahlreifen, die sie zusammenhalten. Bereit für den ersten Einsatz, hat das neue Barrique bereits eine sehr lange Geschichte.
Eichenfässer in kleinen und grösseren Formaten sind für Weinproduzenten Arbeitsinstrumente. In manchen Fällen Prestigeobjekte. Neben Barriques sind Fässer mit 400 Litern oder mehr Inhalt vermehrt gefragt. Selbst grosse, mehrere Tausend Liter fassende Fässer werden wieder in Auftrag gegeben. Viele Weintrinker sehen im Wort Barrique ein Qualitätsmerkmal. Doch kaum jemand kennt deren faszinierende Geschichte, die Anforderungen an die Qualität des Holzes oder weiss bescheid über die Arbeit eines Küfers. Paradox ist, dass trotz der grossen Nachfrage das Küferhandwerk zu verschwinden droht. «In 25 Jahren wird man noch wissen wie es geht, aber niemand mehr wird es können», sagt Gerhard Benninger. Er ist Küfer in fünfter Generation. Seit dreieinhalb Jahren arbeitet der gebürtige Österreicher bei Schuler in Seewen/SZ, einer der drei letzen gewerblichen Küfereien der Schweiz. Auch sein Sohn ist Küfer. Jedoch nur im Nebenerwerb. Droht dem Jahrtausende alten Handwerk das Aus, weil gewerblich hergestellte Fässer teurer sind als solche von französischen Grossproduzenten.
Fässer sind eine Keltische Erfindung
Zerbrechliche Amphoren als Transportgefässe für Wein wurden im 3. Jahrhundert nach Christus von Holzfässern verdrängt. Wein floss nicht mehr von Rom in die Kolonien. Die Kelten im Norden der Alpen begannen nach Süden zu liefern, nutzen für den Transport Fässer und zwar in der Form, wie wir sie heute noch kennen. An der keltischen Kunst der Küferei hat sich bis heute nichts geändert. Holz und Metall waren ihre liebsten Werkstoffe.
Die Kelten gingen mit Balken so geschickt um, dass manche der gewaltigen Steinbauten Roms ohne die Hilfe ihrer Zimmerleute und Gerüstbauer wohl nie errichtet worden wären. In der Schweiz sind eiserne Werkzeuge für die Holzbearbeitung aus der La Tène-Kultur, die sich um 500 vor Christus am Neuenburgersee entwickelte, gefunden worden. In einer heutigen Küferwerkstatt wären diese ein vertrauter Anblick. Die Römer erkannten sehr bald die Vorteile der leichten, widerstandsfähigen, rollbaren Fässer gegenüber den unhandlichen und zerbrechlichen Amphoren. Der einzige Vorzug der Amphore, den ein Fass nicht hatte, war die völlige Luftdichtigkeit. Holz «atmet». Deshalb konnte der Wein im Fass nicht jahrelang bis zur Reife ruhen wie in den Amphoren.
Der Handel definiert das Barrique
Der berühmteste aller Fasstypen, das relativ schlanke Bordelaiser Barrique, löste gegen Ende des 18. Jahrhunderts die 900 Liter fassenden Tonneaux ab. Darin konnte der Wein sowohl ausgebaut und gelagert als auch transportiert werden. Praktisch, denn kleinere Fässer liessen sich auch einfacher auf Schiffe verladen. 1866 wurde das einheitliche Volumen von 225 Litern Inhalt durch einen Erlass festgesetzt. Ob dieses Mass ein Zufall war oder in kühner Voraussicht berechnet wurde, lässt sich heute nicht mehr sagen. Denn bis 1927 verkauften die berühmten Châteaux von Bordeaux ihren Wein ausschliesslich im Barrique. Nicht nur an ihre Négociants vor Ort, sondern auch an Händler in Grossbritannien. Erst dann setzte sich auf Initiative von Baron Philippe de Rothschlid die Schlossabfüllung «Mise en Bouteille au Château» durch. Und siehe da, die Rechnung geht auf: Die 225 Liter Inhalt eines Barrique ergeben genau 300 75-Zentiliter-Flaschen oder 25 original Holzkisten (OHK) zu zwölf Flaschen, einer heute noch gebräuchlichen Handelseinheit. Während die Weinkisten aus günstigem Tannenholz gefertigt sind, hat sich im Fassbau die Eiche durchgesetzt.
Eichen und andere Holzarten
Es gibt etwa 400 Eichenarten. Für den Ausbau von Wein eignet sich das feinporige Holz der Weiss- oder Traubeneiche am besten. Die majestätischen, bis 25 Meter hohen Bäume wachsen in ganz Europa – bevorzugt auf sandigen und trockenen Böden – und erreichen ein Alter von über 300 Jahren. Nach den Vereinigten Staaten ist Frankreich der grösste Produzent von Eichenholz. Limousin, Nièvre, Allier, Vogesen oder Tronçais sind die bekanntesten Regionen. 1291 schuf der französische König den Beruf «maistre des fôrets», liess Eichen anpflanzen und die Wälder pflegen. 1669, in der Regierungszeit Colbert, wurden in den Wäldern des Tronçais systematisch Eichen für den Schiffbau angepflanzt. Seit 1947 wurden in Frankreich über zwei Millionen Hektar wieder aufgeforstet. Das feinporige französische Eichenholz ist weltweit begehrt. Denn es gibt weniger Aromen ab als amerikanisches, das die Weine mit Vanille und Bourbon-Noten parfümiert. Die Vorräte in den Wäldern Frankreichs dürften auf lange Zeit gesichert bleiben, sofern keine dramatischen Klimaveränderungen eintreten.
Was auf dem Holzmarkt abgeht ist jedoch nicht immer nachvollziehbar. Jährlich werden an die 300’000 Tronçais-Barriques verkauft obwohl der Wald nur Holz für etwa 30’000 Fässchen hergibt. «Die genaue Art der Eiche zu bestimmen ist extrem schwierig», sagt Gerhard Benninger, «Ich kenne jedoch die Struktur des Holzes.» Deshalb setzt er vermehrt auf Schweizer Eiche «Dort wo guter Wein wächst, gibt es in der Regel auch geeignete Eichen zur Produktion von Fässern.» Am liebsten geht er mit dem Förster durch den Wald und wählt sich seine Bäume. Zahlreiche Winzer in Schaffhausen, im Zürcher Weinland, am Bielersee oder in Neuenburg besitzen eigen Wälder. Auch mit ihnen wählt er Bäume aus. «Im Wallis eignet sich Lärchenholz für die Herstellung von Fässern und im Tessin gibt es wunderbare Kastanien», schwärmt Gerhard Benninger. «Wein aus eigenen Fässern ist jedoch ein langjähriges Projekt. Wichtig ist, dass die Bäume vor Weihnachten bei Vollmond gefällt werden. Dann befindet sich der Baum in einer absoluten Ruhephase und der Saftfluss ist am geringsten.» Weit wichtiger als die Herkunft ist Gerhard Benninger die Feinjährigkeit. Das heisst, die Jahresringe sollten höchsten einen bis drei Millimeter breit sein. Das ist aber auch die teuerste Qualität. Der Stamm wird zuerst in einen Meter lange Tämel zersägt und aus denen in einem zweiten Schritt Bretter geschnitten. «Optimal Dicht wird ein Fass, wenn bei einem Brett die Jahresringe stehen und die Markstrahlen liegen», erklärt Gerhard Benninger. Danach passiert drei Jahre nichts. Diese Zeit benötigt das Holz zum Trocknen. Späne fliegen erst wieder, wenn die Bretter in Form gehobelt und geschliffen werden.
Seit 1854
Küferei Thurnheer
Martin Thurnheer
Kirchgass 11
9442 Berneck/SG
Seit 1895
Küferei Suppiger
Roland Suppiger
Chli Ebnet 7
6403 Küssnacht am Rigi/SZ
Schuler Küferei
Stefan Sobota
Franzosenstrasse 10
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Seit 2012
Küferei & Fasshandel Halbritter
Nicole Cristina Halbritter
Bebikon 12
8414 Buch am Irchel/ZH
Der einzige Tonnellier in der Romandie
Tonnellerie Hüsler
p.a. Atelier Volet
Charpentier/Bâtisseur SA
Route Industrielle 1
1806 St-Légier