Der «Grand Prix du Vin Suisse» ist der wichtigste Wettbewerb der Schweizer Weinbranche. Jährlich bestimmt eine hochkarätige internationale Jury die besten Schweizer Weine und prämiert an der feierlichen «Gala des Schweizer Weines» die Kategoriensieger. Tüpfelchen auf dem i sind die vier Spezialpreise, darunter auch der begehrte Titel «Schweizer Weingut des Jahres». Ausgezeichnet wird in diesem Jahr das waadtländische Weingut «Les Frères Dutruy» in Founex.
«And the winner is…» so und nicht anders wurden am gestrigen Abend die Gewinner des diesjährigen «Grand Prix du Vin Suisse» in Bern angekündigt. Und das von keinem geringeren als Sven Epiney, dem bekannten Fernseh- und Radiomoderator. Mehr als 440 Gäste durften das Spektakel im ausverkauften Berner Kursaal miterleben, bei dem die besten Schweizer Weine und - zu fortgeschrittener Stunde - das Weingut des Jahres 2017 gekürt wurden.
Christian und Julien Dutruy führen seit 2005 das Weingut Les Frères Dutruy in Founex/VD. (Bild Hanspeter Siffert)
Laut war der Jubel am Tisch der Sieger. Leise schauten sich Christian und Julien auf der Bühne in die Augen. Geschockt und überwältigt waren sie, als sie ihren Namen hörten. Kaum ein Wort brachten die beiden, die sonst zielstrebig und nicht eben auf den Mund gefallen sind, über die Lippen. Die riesige Freude stellte sich erst später am Abend ein. Diesen Titel hat sich das Power-Duo hart erarbeitet. Christian, Jahrgang 1975, erlangte mit 23 Jahren das eidgenössiche Meisterdiplom im Weinbau. Er arbeitete im Napa Valley und leitet drei Jahre lang eine Kellerei in Südafrika, die 15 Millionen Liter Wein erzeugte. Sein fünf Jahre jüngerer Bruder Julien studierte Önologie an der Weinhochschule Bordeaux und schloss als Bester seines Jahrgangs ab. Er arbeitete auf Château Smith-Haut-Lafitte, in Gevrey- Chambertin und in Neuseeland.
Im Jahr 2005 übernahmen die beiden Brüder das Familienweingut. Ihr Vater, Jean-Jacques Dutruy, hatte als erster Winzer Weine mit der Bezeichnung AOC Founex in den Handel gebracht und die Premiumlinie Les Romaines geschaffen. Er war auch der einzige Waadtländer Winzer, der seine Weine in Rheinweinflaschen füllte. Dies als Erinnerung an seine Lehr- und Wanderjahre im deutschen Rheingau.
Beim Generationenwechsel hatte das Weingut bereits einen guten Ruf. Doch nur ein kleiner Teil der Produktion wurde in Flaschen gefüllt. Den Rest verkaufte Vater Dutruy offen an Händler. Julien und Christian steckten sich ein klares Ziel. Sie wollten die Weine aus ihren 25 Hektar Reben in Founex, Coppet und Commugny selber abfüllen und verkaufen. Dabei blieb ihnen nur eine Wahl: Sie mussten bessere Weine erzeugen als ihre bereits bekannten Konkurrenten. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, beschloss die Familie, sich in allen Erzeugungsschritten zu verbessern. Dabei legten die Dutruy-
Brüder ein besonderes Augenmerk auf das Pflanzenmaterial. Christian leitet die zum Betrieb gehörende Rebschule – eine der grössten der Schweiz. Neue Parzellen bepflanzten sie mit 10 000 Stöcken pro Hektar. Auf drei unterschiedlichen Terroirs wurzeln Reben, die am besten zum entsprechenden Boden passen. Ihr Gamay-Klon produziert kleine Trauben, die denen der Pinot Noir ähnlich sehen. Gelesen wird ausschliesslich von Hand. Im Jahr 2013 wurde mit der Umstellung auf die biologische Bewirtschaftung begonnen. Ende Jahr sollte die Bio-Zertifizierung erfolgen.
Im Keller stiess Julien rasch an die Grenzen der Kapazität. Ein Um- und Ergänzungsbau beim Stammhaus im Zentrum von Founex wurde durch Einsprachen verhindert. Etwas ausserhalb des Dorfes begannen sie 2014 mit dem Bau eines neuen Kellergebäudes.
Der 2014 neu gebaute Chai (Keltergebäude, oben) und die Batterie Stahltanks mit dem Cuvon in der Mitte. Damit werden die Tanks befüllt ohne die Maische und die Trabuenbeeren pumpen zu müssen. (Bilder zVg)
Mut zum Neuanfang nach Totalausfall
«Dass wir die Bewilligung für den Neubau auf der grünen Wiese erhielten, war ein Glücksfall für uns», sagte Julien Dutruy. «Nachdem ein Hagelzug praktisch die ganze Ernte 2013 zerstörte, planten wir tage- und nächtelang die Arbeitsabläufe. Wir wollten das Beste für unsere Weine, wussten wo die Tanks und wo die Maschinen stehen mussten. Unser Onkel, ein Architekt, baute dann die Hülle nach neusten Energiestandards darum herum.» Im Chai, dem Kelterraum, stehen 55 Stahltanks und im Keller unter der Erde reift ein Teil des Weins in 120 Barriques. Eine Schweizer Premiere ist das System mit Cuvons. In diesen trichterförmigen Behältern werden die Trauben nach dem Entrappen ohne Pumpen in die Gärtanks gehievt. «Während der ganzen Weinbereitung arbeiten wir mit der Gravitation», erklärt Julien Dutruy. «Einzig beim Abfüllen wird der Wein gestresst.»
Auch bei der Aufmachung der Flaschen liessen Les Frères Dutruy nichts aus. Zwei Linien sind im Angebot: im Stahltank ausgebaute Weine, die in elegante Rheinweinflaschen gefüllt werden, und Les Romaines, die in Barriques ausgebauten Grandes Réserves, abgefüllt in Flaschen im Bordeaux-Stil. Über beide Linien gerechnet werden jährlich rund 150 000 Flaschen produziert.
«Einmal
‹Weingut
des Jahres› werden,
ist ein Traum von uns.»
Julien Dutruy, Önologe
Im Marketing setzten die Brüder Dutruy auf Wettbewerbe, die sich gut kommunizieren und vermarkten liessen. Die Bilanz ist denn auch bachtlich. Sie brachten es auf 38 Auszeichnungen für Weissweine, 18 bei den Roséweinen und 47 bei den Rotweinen, wie man ihrer Webseite entnehmen kann. Waren es mit dem alten Keller häufig zweite und dritte Ränge oder Diplome, stieg die Zahl der ersten Plätze und Goldmedaillen seit die Weine unter optimalen Bedingungen im neuen Chai gekeltert werden. Eine Ausnahme bildete der Gamaret Les Romaines 2005, der am Grand Prix des Vins Suisses 2007 in der Kategorie sortenreine Rotweine den ersten Platz belegte. Das war nicht nur der erste Gamaret auf einem Podestplatz, es war auch ein Waadtländer Rotwein aus einem unbekannten Dorf, der erst noch von zwei damals unbekannten Jungwinzern gekeltert wurde. Die Überraschung war perfekt. Heute, zehn Jahre später sind die Brüder erneut sehr erfolgreich mit dabei. Zwar ohne Gamaret, von dem sie einfach zu wenig haben. Mit ihrem Brut Rosé, dem Gamay Grande Réserve und dem Gewürztraminer passerillé, alle drei aus der Linie Les Romaines, holten sie sich jedoch Gold. Silber gab es für ihren Sauvignon Blanc, Domaine de la Doye, und den Chardonnay Grande Réserve Les Romaines sowie den Rosé de Pinot Noir und den Pinot Noir Cuvée Spéciale. Nominiert wurden der Gewürztraminer passerillé und der Brut Rosé. Beide Nominierten erreichten den zweiten Platz. Das wusste Julien Dutruy drei Tage vor der Gala im Berner Kursaal noch nicht und er mochte auch gar nicht spekulieren, ob es ihnen für den Platz ganz zu oberst auf dem Podest reichen würde. «Einmal ‹Weingut des Jahres› werden, ist schon ein Traum von uns», wünschte er sich.
Für 2018 haben sich Christian und Julien Dutruy vorgenommen, vermehrt Präsenz in der Deutschschweiz zu zeigen. Eineb kleinen Schritt haben sie bereits gemacht. Seit 2014 sind sie mit ihrem Gamay Les Romaines Mitglied bei der Vereinigung Mémoire des Vins Suisses. Die höchste Auszeichnung in der Schweizer Weinszene wird ihnen sicher zahlreiche weitere Türen öffnen.
Mit komplizierter Arithmetik zum Weingut des Jahres
Betriebe, die sich für den Titel «Weingut des Jahres» bewerben wollen, müssen mindestens fünf Weine in drei verschiedenen Kategorien einreichen. Massgebend für den Gewinn des Titels sind das Verhältinis von eingereichten zu prämierten Weinen (Gold- und Silbermedaillen), sowie die Gesamtzahl der nominierten und der prämierten Weine (Plätze 1 bis 3).Sämtliche Ergebnisse des «Grand Prix du Vin Suisse» 2017 werden in der Fachzeitschrift «Vinum – Europas Weinmagazin» in der Ausgabe November 2017 publiziert. Gleichzeitig werden die prämierten Winzer und ihre Siegerweine mit kurzen Portraits im Heft vorgestellt. Mit einem Klick auf das Bild können Sie den Artikel als pdf herunterladen.
Mit 2840 eingereichten Weinen von 511 Produzenten ist der «Grand Prix du Vin Suisse», der von der Vereinigung Vinea in Zusammenarbeit mit der Weinzeitschrift Vinum ausgerichtet wird, der grösste Weinwettbewerb der Schweiz.
170 Juroren verkosteten und bewerteten die eingereichten Weine an sechst Tagen und vergaben 303 Gold- und 616 Silbermedaillen. Insgesamt wurden 32,4 Prozent der Weine ausgezeichnet.
78 Weine, die jeweils sechs höchstbewerteten pro Kategorie wurden nominiert und stiegen ins Rennen um eine der begehrten 39 Trophäen des «Grand Prix du Vin Suisse». Auch in diesem Jahr wurden die nominierten Weine von einer zehnköpfigen internationalen Jury von hochkarätigen Fachleuten verkostet, die im Anschluss daran jeweils die drei besten Weine in jeder von 13 Kategorien bestimmte. Die Experten waren sich einig: «Die Qualität der eingereichten Weine ist aussergewöhnlich hoch!». In jeder Kategorie gab es Erste, Zweite und Drittplatzierte sowie Diplome für die Ränge vier bis sechs.
Als grösste Weinregion stieg das Wallis dabei 14-mal auf die Siegertreppchen und wurde gleichzeitig sechsmal Kategoriensieger. Gefolgt von der Deutschschweiz mit Graubünden, Zürich und Basel (8), dem Waadtland (7), der Region Neuenburg Drei-Seen-Land (5), Genf (3) und dem Tessin (2). Die Regionen Zürich, Neuenburg Drei-Seen-Land und Genf wurden in diesem Jahr übrigens zum ersten Mal mehrmals prämiert.
Das Wallis wurde in den Kategorien «andere sortenreine Weissweine», «Pinot Noir», «Gamay», «andere sortenreine Rotweine», «Weine mit Restsüsse» und «Schaumweine» ausgezeichnet, während die Kategorie «Chasselas» an den Kanton Waadt ging. Das Tessin sicherte sich den ersten Platz in der Kategorie «Merlot», Graubünden jenen in der Kategorie «Müller-Thurgau». Neuenburg ist Champion bei den «Roséweinen», die beste «weisse Assemblage» kommt aus Basel, die beste «rote Assemblage» wurde in Zürich gekeltert. Sieger der neuen Kategorie «Gamarat-Garanoir» (sortenrein oder als Assemblage) ist der Kanton Genf.
Liste der Gewinner nach Kategorien.
Vier Spezialpreise
Anlässlich der «Gala des Schweizer Weines» wurden zudem vier Spezialpreise verliehen. Es sind dies:
Erkennungsmerkmal für Konsumenten
Der «Grand Prix du Vin Suisse» gilt unter Weinliebhabern in der Schweiz als massgebliche Referenz. Seit elf Jahren belohnt er die hervorragende Arbeit der Weinerzeuger, indem er ihr Schaffen würdigt und anhand der Auszeichnungen das Renommee des Schweizer Weins im Inland und im Ausland stärkt. Für Konsumenten sind die prämierten Weine einfach anhand der Aufklebe-Medaillen auf der Weinflasche erkennbar.
Rangliste und Fotodownload
Die Rangliste mit allen Gold- und Silbermedaillengewinnern des elften «Grand Prix du Vin Suisse» wird auf folgenden Webseiten veröffentlicht:
www.grandprixduvinsuisse.ch und www.vinea.ch
Die Fotos der Sieger 2017 und der «Gala des Schweizer Weines» stehen ab 22.30 Uhr unter www.grandprixduvinsuisse.ch zum Download bereit. Impressionen gibt es auch auf Facebook.