2012-11-16

Murs de pierres, murs de vignes

Ein verkanntes Erbe steht im Rampenlicht
Sie beeinflussen das Walliser Landschaftsbild seit Jahrhunderten und der Staat hat ein Projekt lanciert, um sie aufrechtzuerhalten. Doch aus was bestehen sie und warum sind sie so wertvoll? Zum ersten Mal widmet sich eine eingehende wissenschaftliche Studie der langen Gesichte der Trockensteinmauern. Ein Buch enthüllt nun die Resultate der zwischen 2009 und 2012 vom Walliser Reb- und Weinmuseum geführten Recherchen.

Sie gehören seit so langer Zeit zum Landschaftbild, dass man sie fast nicht mehr wahrnimmt. Doch was wären die Walliser ohne diese Mauern und Terrassen? Der Staat ist sich bewusst, dass sie den Tourismus und das Image der Walliser Weine aufwerten. Deshalb hat er Massnahmen getroffen, um gegen den unvermeidlichen Zerfall dieser Bauwerke zu kämpfen. 10 Prozent der Mauern müssen saniert werden, was eine Investition von 200 Millionen Franken darstellt. Es ist höchste Zeit dieses verkannte Erbe unter die Lupe zu nehmen. Das Walliser Reb- und Weinmuseum hat eine wissenschaftliche Studie in den Weg geleitet, um diese Mauern besser zu verstehen: aus historischer, biologischer, ethnologischer, geologischer und architektonischer Perspektive.

Blütezeit, Talsohle und Wiederaufschung
Die ältesten Trockensteinmauern, die im Wallis gefunden wurden, sind 6'000 Jahre alt. Um erste schriftliche Vermerke zu finden, die Rebmauern erwähnen, muss man jedoch bis zum 12. Jahrhundert warten. Als unumgängliche Bestandteile der Rebarbeiten sind sie in alten Schriften allgegenwärtig. Sie kennen ihre Blütezeit im 19. Jahrhundert, mit dem Aufschwung des Weinhandels. Die Parzellen in den Hanglagen werden vergrössert und müssen gestützt werden. Zu dieser Zeit werden imposante Trockensteinmauern erstellt, wie diejenige von Cotzette oberhalb von Sion, ein Ort der bereits im 16. Jahrhundert für seine Reblagen bekannt war. Das Buch berichtet auch über die Konkurrenz von Mörtel und Beton und über den neuen Aufschwung der Trockenbauweise, die sich in Sachen Stabilität und Wasserdurchlässigkeit bewährt hat.

«Jeder Stein am richtigen Platz»
Ohne Bindemittel aufgestapelte Steine... wie hält das zusammen? Über ein Dutzend anfangs des 20. Jahrhunderts geborene Erbauer erzählen mit Leidenschaft über die Kunst solche Mauern zu erstellen. Unter ihnen, Medar Bonvin: «Jeder Stein hat seinen Platz. Wenn er nicht einpasst, suchst du weiter, 3 oder 4-mal, an einer anderen Stelle, bis du den richtigen Platz gefunden hast. Es kommt automatisch, beim Aufbauen, beim Plaudern mit dem Nachbarn. Am Ende muss sich jeder Stein dem anderen anschmiegen und es bleibt nichts mehr übrig.» Die Steine werden an Ort un Stelle abgehoben oder kommen aus einem benachbarten Steinbruch. Deshalb widerspiegeln die Mauern die lokalen geologischen Gegebenheiten. Und ihr scheinbar steriles Aussehen trügt: Zwischen den Steinen wimmelt es von Leben! Es wurden dort über 200 veschiedene Pflanzenarten erfasst. Das beweist, dass bei ihrem Schutz auch die Biodiversität auf dem Spiel steht.

 

Murs de pierres, murs de vignes

(Editions du Musée valaisan de la Vigne et du Vin, Sierre-Salquenen, 2012)
Sprache: Französisch
Hardcover gebunden, 264 Seiten, mit zahlreichen Bildern
Preis: CHF 35.00
ISBN 978-2-88474-266-5

 

 


 

Über die Autoren

Anne-Dominique Zufferey-Périsset ist Direktorin des Walliser Reb- und Weinbaumuseums in Sierre und Salgesch. Nach der Enzyklopädie «Rebe und Wein im Wallis – die Geschichte von den Anfängen bis heute», ist «Murs de pierres, murs de vignes» das zweite Standardwerk, das unter ihrer Leitung entstanden ist.

Unter der Leitung von Anne-Do Zufferey haben Chantal Ammann, Historikerin, Nicolas Bagnoud, Selbstkelterer, Marcel Burri, Geologe, Martin Lutz, Ingenieur/Agronom, Arnaud Meilland (Bureau Clio), Historiker, Charles-André Meyer, Architekt, Eric Nanchen, Geograph, Sibylle Omlin, Kunsthistorikerin und Direktorin der ECAV, Christine Payot (Bureau Clio), Historikerin, Samuel Pont, Ethnologe, Charly Rey, Gärtner und Botaniker, Sabine Rey, Geographin, Augustin Schmid, Biologe, François Wiblé, Archäologe des Kantons Wallis und sein Team mitgearbeitet.


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