Weder 100 Parker-Punkte noch Hägar können uns dabei helfen, guten Wein zu finden.
Hägar, der Comic-Held, nippt an einem Becher Wein, schnalzt mit der Zunge und sagt: «Guter Geschmack! Gutes Aroma! Guter Körper!» Nach einer Weile fragt er seinen treuen Gefährten Sven: «Wie heisst dieser Wein?» Sven studiert die Etikette und antwortet kurz: «Guter Wein».
Die Frage «Was ist ein guter Wein?» gibt auch im richtigen Leben immer wieder Anlass zu Diskussionen. Geprägt von einer individuellen Lebens- und Geschmackserfahrung, fallen die Antworten auf diese Frage ganz unterschiedlich aus: «Punkte», behaupten die eher analytisch denkenden Weinfreunde, «Punkte sind der Schlüssel zu gutem Wein.» 18 von 20 Punkten, oder je nach Skala 95 von 100, sind das Mindeste. Die meisten der hoch punktierten Weine sind jedoch tiefdunkle und konzentriert fruchtsüsse Tropfen. Weinliebhaber schwenken diese in gläsernen Pokalen, die dem Alkohol und den Neuholzaromen reichlich Raum lassen. Viele sogenannt gute Weine sind zudem eine Sache des Marketings und der Sprache von Experten. Die Beschreibungen mit opulenten, sich wiederholenden Wortkonstruktionen sind für Otto Normalverbraucher ebenso unverständlich wie die dafür verlangten Preise.
Degustationen, Bewertungen und Punkte
Doch wie sollen sich Weininteressierte im Dschungel von Produzenten, Regionen, Appellationen, Rebsorten und Assemblagen zurechtfinden? Sie verlassen sich auf die oben genannten Punkte. Punkte, die von Einzelpersonen ebenso vergeben werden können wie von Degustationsgremien. Ob das 20- oder das 100-Punkte-System angewendet wird ist nicht relevant. interessant ist jedoch die Beobachtung, dass kaum ein Wein unter 14, beziehungsweise 75 Punkten bewertet wird.
Das Degustationsblatt von weinlandschweiz.ch, als pdf-Datei herunterladbar, zeigt eine Möglichkeit auf, nach welchen Kriterien Wein bewertet werden kann. Unser Tipp: Das Degustationsblatt mit unterschiedlichen Weinen in einer geselligen Runde zu testen ist unterhaltsam. Und lehrreich, wenn die Bewertungen der Runde anschliessend mit denjenigen von «Vinum», «Weinseller», «Guide Hachette» oder ähnlichen Publikationen verglichen werden können.
Zahlreiche Weinmessen bieten Gelegenheiten Weine zu degustieren und so den Gaumen zu schulen. Gewiefte Weinkenner kaufen sich zudem Einzeflaschen von unbekannten Gewächsen, um sich ihren Horizont zu erweitern. Bereits nach wenigen Flaschen werden sie die Frage beantworten können, welches für sie persönlich ein guter Wein ist.
Für mich ist «guter Wein» ein Tropfen, der meine Erwartungen übertrifft. Ein Wein der mir ein «WoW» – hier als «Weingenuss ohne Worte» zu verstehen – entlockt und für Jahre in bester Erinnerung bleibt.