2016-09-21

Die 5. Weinschweiz – Lanz Vineyards, Australien

Die Familie Lanz gründetet ihr Weingut 1998 als Joint-Venture mit langjährigen Freunden, der Familie Thomson, als Partner. Während Jahrzehnten arbeiteten sie erfolgreich als Lanz Thomson Wineyards. Dann trennten sie die Geschäftsbeziehung und Marianne Herren Lanz und Thomas Lanz firmieren seither unter dem Laber Lanz Vineyards.

Heute besitzt die Familie Lanz 16 Hektar Reben im südlichen Barossa Valley, rund 80 Kilometer nordöstlich von Adelaide.

Thomas Lanz, Eigentümer und Weinenthusiast, Marianne Herren Lanz, Eigentümerin und Weinenthusiastin, David Paxtaon, Rebspezialist und Berater, und Michael Paxton, Weimacher und Rebmeister. (Bild: zVg)

Interview mit Marianne Herren Lanz

(Gabriel Tinguely, September 2016)

Was hat Sie bewogen auszuwandern?
Das Herz und die Möglichkeiten! Auf vielen Reisen durch alle so unterschiedlichen Regionen und Klimazonen des immer noch wilden Kontinents hat uns schon in den 70er und 80er Jahren der «Down-Under»-Virus gepackt. Die Willkommenskultur, die Freundlichkeit sowie die freiheitliche Denkart und der Humor der Australier, diese natürliche Menschlichkeit, die umwerfende Schönheit und der Reichtum der Natur, die pulsierenden Städte und die Beschaulichkeit auf dem Lande, aber auch die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die man dort hat, haben uns fasziniert.
Ganz ausgewandert sind wir ja nicht, wir haben ein Bein in Australien und das andere hier in der Schweiz. Wir wollten unsere beiden Jungs in der Schweiz aufwachsen lassen und sind hier auch noch anderweitig berufstätig.

Wie kamen Sie zu Ihrem heutigen Weingut?
Durch unsere australischen Freunde aus Teenager Zeiten. Mein Bruder war in Kalifornien in einem Rotary Exchange Jahr und ebenfalls die Australierin Anne. Sie kam danach zu uns in die Schweiz und war von dann an meine «Schwester». Sie wurde Anwältin und heiratete einen Oenologen. Gemeinsam haben wir viele Reisen in Europa und Australien gemacht. Wein war dabei immer ein Thema. 1998 haben die beiden ihr Weingut aufgebaut. Wir hatten das Glück, dass auf der anderen Seite des Hügels ein perfektes Stück Schafland zu verkaufen war. Mit Pionieer-Spirit, a little help from our friends beim Aufbau und einer grossen Portion Mut haben wir uns ins Abenteuer gewagt.

Gab es Anfangsschwierigkeiten?
Ja, ohne Wasser kein Wein! Wir mussten also nach Grundwasser bohren. Erst die dritte Bohrung war erfolgreich, inklusive Wünschelruten-Sucher. Wir hätten sonst die Übung abgebrochen. Das zweite war, dass kurz nach dem Landkauf die Baugesetze in der Gemeinde Lyndoch geändert wurden, man durfte keine neuen Häuser mehr allein auf weiter Flur bauen. Da kam uns unsere Anwältin Annie zuhilfe, und nach einer Woche kam ein kleiner Fax vom Architekten mit einem Bauplan zur Umwandlung der Scheune, die schon auf dem Land stand, in ein Wohnloft. Es ist eine tolle Lage mit fast 360 Gard Sicht, sowohl ins Barossa Tal, zu den Eden Valley Ranges, aber auch 70 Kilometer bis ans Meer, den Golf St. Vincent - SCENIC!, auch die Adresse ist SCENIC ROAD, der Name unseres Shiraz ist eine Hommage an diese Einzigartigkeit.

Was machten sie anders als ortsansässige Winzer/Weinmacher?
Wir haben von Anfang an auf Hochqualität gesetzt. Mit unseren 16 Hektar bebauter Fläche gehören wir zu den kleinen Anbauern und wir wussten, dass die Rechnung nur mit Top-Traubenpreisen aufgehen kann. Schweizer Perfektion war gefragt, und wir haben soil-profiles erstellen lassen, um zu wissen an welchen Lagen wir welche Sorten und in welche Richtung anpflanzen wollen. Das Terroir variiert, sowohl die Boden- wie die Erdarten, das macht es so spannend. Das Ausrichten der Rebreihen an die verschiedenen Richtungen und Lagen über die Hügel hat dazu geführt, dass wir damals von den Lokalen anerkennend als «Designer-Vineyard» bezeichnet wurden. Und das Resultat ist beeindruckend. Die von uns verkauften Trauben erzielen regelmässig höhere Preise als die Trauben unserer Nachbarn - und die Qualität ist erkennbar im Wein. Wir haben auch von Anfang an einen Wasser-Speicherdamm mit vier Megalitern erstellt und ein Computer-gesteuertes Bewässerungssystem eingebaut, mit dem wir, verschiedene Lagen separat ansteuern können.

Da wir oft nicht vor Ort sind, haben wir ein sehr gutes Management-Team, dem wir vollstes Vertrauen schenken können - ohne das würde es nicht funktionieren. Aber dank Internet sind wir auch ständig dabei, nebst dem Weinanbau und Weinmachen gibt es ja noch viel anderes zu tun, Produkte- und Produktionsplanung, Product Management, Marketing, Sales, Traubenkunden-Pflege, das liegt dann alles in unserer Hand. Aber das Schönste und Spannendste ist und bleibt die «Hexenküche»: wenn wir mit dem Winemaker einen Tag lang unsere Tasting and Blending Session machen - der Wein soll ja unsere Handschrift tragen. Dass wir nicht alles ganz falsch machen, beweisen die regelmässig hohen Bewertungen durch James Halliday (momentan 92, 93 und 97 Pte) und die soeben geholten 2016-Expovina-Gold-Medaillen für SCENIC ROAD 2016 und THE CLUB 2016.

Welches ist aktuell ihre grösste Herausforderung?
Wasser, Wasser, Wasser! Genug Wasser zu haben ist der Challenge. Wir haben Anteile gezeichnet am Murray River Water Scheme, das erlaubt eine gewisse Fluss-Wassermenge zu beziehen. Den Rest pumpen wir aus dem Grund, vermischen das Wasser im Damm und von da ins Tropf-System. Die Klimaerwärmung hat angefangen und wenn es nicht regenreiche Winter gibt, wie gottseidank jetzt gerade, dann kämpfen alle Winzer gegen die Trockenheit. Sollte diese Wassermenge nicht reichen, dann kann man auf dem freien Markt versuchen, Wasser zu bekommen, aber das ist dann eine sehr teure Angelegenheit. Wasser ist in Australien eine Kostbarkeit.

Wie hoch ist der Anteil (in Prozent), den Sie in der Schweiz verkaufen?
Wir verkaufen 90 Prozent unserer Hochqualitätstrauben an andere Premium-Weinhersteller und produzieren nur aus den 10 Prozent unsere LANZ Vineyards Weine. Unsere Trauben sind sehr gesucht. Der Traubenmarkt ist hochprofessionell und organisiert. Es gibt long-term Kontrakte meist mit den grossen Herstellern, aber viel interessanter sind die kleineren und mittleren Produzenten, die Terroirweine produzieren wollen - da haben wir uns mit den Jahren einen sehr guten Ruf aufgebaut. Penfolds war einer unserer long-term Abnehmer, hatte sich dann aber mal aus Platzmangel erlaubt unsere Hochqualitätstrauben mit minderer Qualität eines andere Traubenproduzenten zu mischen - das war nicht in unserem Sinn (und Portemonnaie). Wir sind viel mehr an den Winzern interessiert, die interessante und spannende Weine produzieren. Die Winemaker Federation macht im Barossa Valley seit vielen Jahren Tests mit Lagen, und wir haben das Glück zu einer der ganz besten zu gehören.
Die LANZ Vineyards Weine werden hauptsächlich in der Schweiz verkauft, zum Teil in Singapore und Dänemark. Es sind anspruchsvolle Terroir-Weine und wir haben keine Entry-Level Produkte.  

Gibt es etwas, das man unbedingt wissen sollte?
LANZ Vineyards Weine haben ein ausgezeichnetes Preis-Genuss-Verhältnis: es sind sehr bekömmliche und anspruchsvolle, sehr natürliche Terroir-Weine von höchster Qualität.

Die Trauben werden sehr naturnah angebaut, unser Vineyard Manager ist ein überzeugter Biodynamiker. Das Klima entspricht etwa Südfrankreich, ständige Sommerwinde machen Eingriffe während der Wachstumsperiode der Reben unnötig und unsere Weinmaker Michael and Richard verstehen ihre Kunst. «The vineyard in your glass!» Wir halten auch den Alkoholgehalt im Griff durch den Erntezeitpunkt, wir zielen auf 13,5 Volumenprozente. Die Weine sind dadurch sehr bekömmlich und harmonieren perfekt mit unserer Essenskultur.

Auch die CO2-Bilanz des Transports per Schiff sieht besser aus als europäische LKW-Importe.

Die Qualität australischer Weine wird hier total unterschätzt. Exportieren kann man nur unter strengen Qualitätskontrollen, Laborbefunden und Etikettenerlaubnis. Die Supermärkte mit ihrem Preisdruck haben da leider das ihrige beigetragen. Einen Qualitätswein herzustellen ist aufwendig und Wein zu Dumping-Preisen spricht meist für sein Niveau. Aber die Neue Welt hat in den 90er Jahren die Alte Weinwelt mächtig aufgerüttelt - und jetzt sollten wir hier diese Kostbarkeiten von Down-Under wieder hochschätzen!

Bezugsquelle:

www.zweifelweine.ch


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