2014-10-30

Digital Wine Communications Conference 2014

Aus Anlass der «Digital Wine Communications Conference» trafen sich Ende Oktober mehr als 300 Wein-Blogger aus aller Welt in Montreux.

Grosses Blabla im «Welt Wein Web»
Blogger und deren digitale Weinbeschriebe finden zahlreiche Follower. Dabei sind viele Beiträge nichts anderes als leeres Geschwätz. Wer postet, dass er zehn Jahrgänge eines der klassierten Châteaux aus dem Bordelais verkostet hat, trägt nicht viel zum allgemeinen Weinwissen bei. Wenn aber innert kürzester Zeit drei Dutzend Follower das dazugehörende Bild mit einem «Like» markieren und deren Freunde wiederum die «Likes» sehen, ergibt das eine ganze Menge Leute. Und vielleicht erinnert sich beim Kauf einer Flasche Wein jemand an die Etikette des «gelikten» Châteaus. So gesehen werden Blogger, die auf Facebook, Twitter oder Instagram publizieren, für Weinproduzenten zu wichtigen Multiplikatoren.

Wie viele Bilder und Kurznachrichten über Schweizer Wein zwischen dem 30. Oktober und 2. November in sozialen Netzwerken verbreitet wurden, lässt sich kaum eruieren. Dass es mehrere tausend waren, ist anzunehmen. Denn an diesen vier Tagen trafen sich über 300 Journalisten, Produzenten und Händler aus 37 Ländern zur siebten Ausgabe der «Digital Wine Communications Conference» (DWCC) in Montreux.

«Das ist ein super Fenster für den Schweizer Wein», freut sich Sébastien Fabbi, Geschäftsführer der Swiss Wine Promotion und Hauptsponsor des Anlasses. Denn in Seminaren präsentierte der Rebsortengenetiker José Vouillamoz alte einheimische Sorten. Und zu mehreren Essen floss reichlich Schweizer Wein.

Zum Thema der DWCC «Wein im Zusammenhang mit dem Umfeld» sprachen 54 Referenten. Darunter befanden sich Kapazitäten wie Jancis Robinson, Master of Wine und Weinbuchautorin («Oxford Weinlexikon», «Der Weinatlas» mit Hugh Johnson oder «The Grapes» mit Julia Harding und José Vouillamoz), Robert Joseph, Gründer der International Wine Challenge, oder Christian Payne von der englischen Tageszeitung «The Guardian», der zum Thema «Die Quelle einer guten Geschichte» referierte.

Bloggen als Hobby
Stoff für spannende und auch kuriose Geschichten lieferte die DWCC reichlich. So präsentierte Edgar Kampers mit Qoin eine Art Währung, die ähnlich wie WIR-Schecks in der Weinszene kursieren und den Konsum ankurbeln soll. Dann ging es um Kommunikationstechniken und um deren Effizienz. Einiges war altbekannt und vieles Selbstdarstellung. Nur ein Thema blieb aus­sen vor: Wie können professionelle Blogger mit digitaler Weinkommunikation Geld verdienen, wenn weltweit vorausgesetzt wird, dass die Inhalte im Internet gratis und für jedermann frei zugänglich sind? So würden sich viele Weintrinker berufen fühlen, ihre Meinung über Wein online kundzutun. Und weil kaum ein Blogger von seiner Arbeit leben könne, sei «vieles oberflächliches Blabla» wie Robert Joseph wetterte.
«Kaum jemand kennt die Produzenten grosser Marken oder interessiert sich für Hintergründe. Fundierte Informationen sind ein rares Gut», sagte der Inhaber einer Agentur für Weinkommunikation. So würden vor allem in Russland neureiche Konsumenten mit Bildern von teuren Flaschen protzen. Einiges besser sei es in China und Japan. Dort würden vor allem Sommeliers und Händler bloggen und neben Etiketten fundiertes Wissen vermitteln. Für viele Profis in der Weinbranche gehört ein Blog zum Marketing. Sei dies als Werbung für eigene Produkte oder zur Positionierung gegenüber Kollegen des gleichen Berufsstands.

Scannen, bewerten, Informationen finden und mit Freunden teilen. (Bild: zVg)

Eine App sorgt für Furore
Beeindruckend war der Auftritt von Torben Mottes. Der smarte Vize-Präsident von Vivino präsentierte mit der gleichnamigen App eine revolutionäre Sache. Seit der Lancierung im Jahr 2010 gewinnt sie täglich neue Nutzer. Vivino zählt weltweit über 6,6 Millionen Nutzer, und mehr als 100 Millionen Weintipps wurden bereits verfasst. Die App funktioniert so: Mit der Kamera des Smartphones wird eine Etikette fotografiert. Innerhalb von Sekunden durchsucht das Programm die Datenbank und liefert Informationen zum Weingut, zu den Rebsorten, gibt Serviertipps und Jahrgangsvergleiche sowie Bewertungen und Kommentare von anderen Nutzern. Weine, die in der Datenbank noch nicht vorhanden sind, können selbst erfasst werden. Vivino kann aber noch mehr. So lässt sich über die App das Inventar des eigenen Kellers verwalten. Zu Hause oder in der Fremde können mit der App zudem nahegelegene Weinhändler und Gastbetriebe gefunden werden.

Entscheidungshilfe für Gäste
Gastgeber sollten sich Vivino unbedingt zu Nutze machen. Wenn sie sämtliche auf der Weinkarte angebotenen Etiketten scannen, den Weinnamen und den Jahrgang korrekt zuordnen und unter «Ort hinzufügen» den Namen ihres Betriebes eingeben sowie den Verkaufspreis hinterlegen, kann dies in Zukunft neue Wein-affine Gäste bringen. Das lohnt sich genauso für Weinhändler. Wer das jetzt macht, ist einer der Ersten. Denn bis heute hat noch kaum ein Gastgeber seine vollständige Weinkarte erfasst. Meist sind es Gäste, die Vivino nutzen und einen Wein dem Restaurant zuordnen, in dem sie ihn konsumiert haben. In der Schweiz steckt Vivino in der Startphase. Wenn die Fangemeinde jedoch weiterhin so wächst wie bisher, ändert sich das rasch. Und dann wird die App zum spannenden Spielzeug.

www.vivino.com

Gabriel Tinguely für Hotellerie et Gastronomie Zeitung vom 13. Novemberr 2014


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