Agroscope eröffnet eine neue Versuchsstation für Weinbau und Önologie in Leytron. Diese entsteht in enger Zusammenarbeit mit dem Kanton Wallis, der Walliser Weinbaubranche und AGRIDEA. Die Synergieeffekte zwischen den Partnern schaffen Mehrwert für den gesamten Schweizer Weinbau.
Nach den Versuchsstationen in Sursee/LU (Nährstoffflüsse) und Ins/BE (Gemüsebau) steht nun auch die Versuchsstation Leytron/VS in den Startlöchern. Sie beschäftigt sich mit den Herausforderungen des Weinbaus und der Önologie. Agroscope, der Kanton Wallis, die Walliser Produzentenvereinigung Vitival und die Beratungszentralen AGRIDEA unterzeichneten Ende Mai eine entsprechende Vereinbarung. Mit der Zusammenarbeit wollen die Partner den Wissensaustausch verbessern und landwirtschaftliche Innovationen in der Praxis fördern.
Auf der Domaine «Grand Brûlé» des Kantons Wallis in Leytron und privaten Parzellen soll die Zukunft des Weinbaus erforscht werden. (Bild: zVg)
Auf die Herausforderungen der Branche reagieren und die Nachhaltigkeit fördern
Verschiedene Forschungsprojekte in den Bereichen Weinbau und Önologie sind bereits definiert. Sie haben zum Ziel, Lösungen für die wichtigsten Herausforderungen der Branche im allgemeinen Kontext des Klimawandels und der sich verändernden Anbautechniken zu entwickeln. Zentrale Themen der Versuche auf den kantonalen und privaten Forschungsflächen sind die Wasserversorgung der Rebe und die nachhaltige Bodenpflege. Auch werden neue krankheitsresistente Neuzüchtungen und Sorten unter verschiedenen Boden- und Klimabedingungen untersucht. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit, die umweltfreundliche Produktion und die Qualität der Weine entstehen Lösungen, um den klimabedingten Rückgang des Säuregehalts im Most und in den Weinen zu begegnen. Und schliesslich werden die Forschenden auch untersuchen, wie die Energiebilanz der Weinbereitungsprozesse optimiert werden kann.
Die verschiedenen Forschungsprojekte laufen auf dem Betrieb «Grand Brûlé» des Kantons Wallis in Leytron sowie auf Parzellen von Landwirten des Vitival-Betriebsnetzwerkes. «Alle Partner werden von Anfang an in die Versuche einbezogen. Dies macht unsere Forschung effizienter und bringt uns näher an die Praxis. Vor allem der Wissenstransfer und -austausch erfolgt viel schneller», freut sich Christoph Carlen, Leiter des Forschungsbereichs Produktionssysteme Pflanzen bei Agroscope.
Mehr Personal, Versuche und Fachwissen
Um die Versuche zu leiten, zu betreuen und auszuwerten, schafft Agroscope im Sommer zwei neue wissenschaftliche Stellen. «Das ist eine grosse Chance, denn mehr Personal bedeutet mehr Forschung und damit mehr Know-how», sagt Christoph Carlen.
Der Kanton Wallis stellt neben den Weinbauflächen auch seinen Weinkeller und die notwendige Laborinfrastruktur zur Verfügung. Zudem liefert er das notwendige Fachpersonal, das die Versuche auf dem Betrieb, im Keller und im Labor begleitet und durchführt. «Damit ist der Kanton Wallis der erste Weinbaukanton der Schweiz, der eine an die Besonderheiten der Schweiz angepasste Forschung durchführt, um den Fachleuten konkrete Antworten auf zukünftige Herausforderungen zu bieten», sagt Gérald Dayer, Vorsteher des Landwirtschaftsamtes des Kantons Wallis. «In Leytron werden wir vor allem Versuche durchführen, die sich mit der Weinbereitung, mit Anbausystemen und Klonen beschäftigen».
Die Vereinigung Vitival mit seinen mehr als 800 Mitgliedern fördert die Bildung von Betriebsnetzen, die sich mit Forschungsfragen beschäftigen. So können vielversprechende Lösungen im grossen Massstab und auf verschiedenen Betrieben getestet werden. Auch AGRIDEA wird den Wissenstransfer auf nationaler Ebene unterstützen. Die Forschungsarbeiten werden unter den Boden- und Klimabedingungen des Kantons Wallis entwickelt, die neuen Erkenntnisse sollen jedoch in der ganzen Schweiz angewendet werden.
Unterzeichnende Partner der Vereinbarung sind Agroscope, der Kanton Wallis, vertreten durch das Weinbauamt, die Produzentenvereinigung Vitival sowie die Beratungszentralen AGRIDEA.
(Quelle: Agroscope)
Kontext: Der Schweizer Weinbau ist geprägt durch hohe Produktionskosten bedingt durch die Strukturen der Betriebe, die Personalaufwände sowie die besonderen topografischen Bedingungen der Rebberge. Diese haben in der Schweiz auch landschaftlich und kulturell eine grosse Bedeutung. Um rentabel zu produzieren, muss sich der Weinbau im Segment der qualitativ hochwertigen Produkte po-sitionieren. Die Forschung von Agroscope in den Bereichen Weinbau und Önologie, die hauptsächlich in den Kantonen Waadt, Wallis, Zürich und Tessin durchgeführt wird, trägt dazu bei, die Wertschöpfung der Winzer und Weinproduzenten zu optimieren. Dies erfolgt mit Blick auf die Nachhaltigkeit und unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten und Einschränkungend urch den Klimawandel.
Um die zunehmenden und komplexen Herausforderungen der Weinbaubranche zu bewältigen, muss die Zusammenarbeit und der Wissensaustausch zwischen Forschung, Beratung, Bildung und Praxis gestärkt werden. Diese Annäherung von Forschung und Praxis ist das Hauptziel der dezentralen Versuchsstation in Leytron.
Warum im Kanton Wallis? Das Wallis ist die (grösste und somit anm. der Red.) wichtigste Weinbauregion in der Schweiz. Der Kanton besitzt einen Rebberg und einen Weinkeller in Leytron bei Grand Brûlé sowie ein Rebberg in Châteauneuf. Auch Agroscope ist in Leytron seit vielen Jahren auf verschiedenen Versuchsparzellen präsent. So ist die Entwicklung von Synergien in der Forschung, im Wissenstransfer und in der Umsetzung von innovativen Lösungenin der Praxis an diesem Standort besonders sinnvoll.
Das Wallis verfügt über sehr spezifische Boden-und Klimabedingungen mit flachgründigen Böden, wenig Niederschlägen und steilen Hanglagen oder Terrassen, die nur ohne den Einsatz von Maschinen bewirtschaftet werden können. In diesem anspruchsvollen Kontext werden auf den Flächen des kantonalen Weinguts und des Betriebsnetzes Vitival vielversprechende Lösungen für die Bewässerung der Reben und die nachhaltige Bodenpflege im grossen Massstab untersucht. Zudem können auch Neuzüchtungen und krankheitsresistente Sorten getestet werden. Auch die zukünftigen Herausforderungen der Önologie wie der Umgang mit Spontangärungen und Lösungsansätze für den Säuremangel im Traubenmost und in den Weinen sind Gegenstand der Forschungsarbeiten. AGRIDEA fördert den Wissensaustausch auf nationaler Ebene.
Ziele und Forschungsschwerpunkte: Die Versuche im Wallis ergänzen gezielt die Forschungsarbeiten von Agroscope an anderen Standorten. Die ersten Forschungsprojekte werden derzeit vorbereitet und haben folgendeZielsetzungen:
Dauer: 2021-2028 (Verlängerung bis 2032 möglich).
Gemeinsame Aufgaben der vier Partner: Die Partner engagieren sich gemeinsam für die Verbesserung der Situation und der Nachhaltigkeit der Weinbaubranche im Kanton Wallis und in der ganzen Schweiz. Sie verpflichten sich, an Projekten mitzuwirken oder diese zu finanzieren, gegebenenfalls mit der Beteiligung von Dritten. Der Wissenstransfer und -austausch mit der Praxis erfolgt gemeinsam durch die Partner (Vitival, Kanton Wallis und auf nationaler Ebene durch AGRIDEA).
Aufgaben von Agroscope: Konzeption, wissenschaftliche Begleitung und Auswertung der Versuche, wissenschaftliche Publikation der Resultate. Bereitstellung des wissenschaftlichen Personals und des erforderlichen Materials für die Durchführung der Forschungsarbeiten.
Aufgaben des Amtes für Landwirtschaft des Kantons Wallis: Operative Führung. Bereitstellung des landwirtschaftlich-technischen Personals (2 Stellen 80 bis 100 % FTE) für die Durchführung der Versuche und die Analyse des Traubenmostes und der Weine. Bereitstellung der Rebbau-Flächen, des Weinkellersu nd der Laborinfrastrukturen für die Realisierung der Projekte. Weitere erforderliche Infrastrukturen und Dienstleistungen. Wissenstransfer in die Praxis im Kanton Wallis.
Augaben von Vitival: Entwicklung des landwirtschaftlichen Betriebsnetzes. Der Verband schliesst entsprechende Vereinbarungen mit den teilnehmenden Betrieben ab und erbringt Dienstleistungen für die Umsetzung von Projekten und Versuchen nach Bedarf.
Aufgaben von AGRIDEA: Projektemitformulieren, um den Bedürfnissen der ganzen Schweiz gerecht zu werden, als Ergänzung zu den spezifischen Bedürfnissen im Kanton Wallis. Wissenstransfer auf nationaler Ebene. Erbringung von Dienstleistungen für die Umsetzung von Projekten und Versuchen nach Bedarf.