2021-01-10

Sechs der am meisten missverstandenen Weinbegriffe

In der Weinwelt wimmelt es nur so von Begriffen, und es ist leicht, sich in ihnen zu verheddern, besonders wenn es so viele Beschreibungen für subjektive Geschmacksrichtungen und Aromen gibt.

Viele Begriffe werden einfach missverstanden, falsch verwendet oder sind das Ergebnis eines Marketing-Hypes. So wird in der Branche häufig mit Weinbegriffen hemmungslos um sich geworfen, dass man leicht vergisst, dass nicht jeder sie beherrscht. Das Verständnis der Grundlagen kann Weinkommentare umso wertvoller machen und ist ein mächtiges Werkzeug, um sich in der Welt des Weins zurechtzufinden. Wenn Konsumenten, und auch Händler/Verkäufer, mit der Bedeutung bestimmter Begriffe nicht vertraut sind, können diese bedeutungslos werden.

Hier ist eine Momentaufnahme einiger der am häufigsten verwechselten und falsch verwendeten Weinbegriffe...

Pflanzlich und krautig
Vegetale Weine sind solche, die Aromen und Geschmacksstoffe aufweisen, die während des Herstellungsprozesses aus unreifen Trauben entstehen.

Während überwiegend vegetale Eigenschaften (wie z.B. gedünsteter Kabis) typischerweise als Makel angesehen werden, kann der Begriff auch positiv verwendet werden.

In diesem Fall ist «krautig» eine eher zutreffende Beschreibung. Dies ist der Fall, wenn subtile pflanzliche Charakteristika die Komplexität eines Weins verstärken können, und resultiert normalerweise in Beschreibungen wie grasig, Paprika oder Spargel. Diese frischeren pflanzlichen Eigenschaften können einen Wein eher aufwerten als abwerten.

Adstringierend
Dies bezieht sich auf einen Wein, der aufgrund des Vorhandenseins unterreifer Tannine als hart oder scharf empfunden wird. In vielen Fällen ein negativer Deskriptor, kann aber auch für einige Weinstile wünschenswert sein.

Die Adstringenz kann mit der Alterung abnehmen und solche Weine können zu den besten der Welt werden, z.B. kann ein junger Bordeaux in seinem frühen Leben sehr adstringierend sein, nur damit seine Tannine über viele Jahre reifen und weicher werden und sich positiv weiterentwickeln.

Reduktion und reduktive Weinbereitung
Reduktion ist eine chemische Reaktion, bei der ein Element oder eine Verbindung Elektronen gewinnt (Reduktion), während ein anderes sie verliert (Oxidation), was zur Bildung von flüchtigen Schwefelverbindungen (FSV) führt, von denen Schwefelwasserstoff die bekannteste ist.

Jenseits eines bestimmten Schwellenwerts wird das Vorhandensein von FSV zu einem Weinfehler, mit gängigen Bezeichnungen wie Kohl, Gummi und faule Eier. Bei niedrigen Konzentrationen kann die Reduktion jedoch positiv sein, was zu dem Charakter eines angeschlagenen Streichholzes und Feuersteins führt, der typischerweise mit Chardonnay assoziiert wird.

Reduktive Weinbereitung ist das bewusste Bemühen, einen Wein mit so wenig Sauerstoff wie möglich zu produzieren, mit dem Ziel, diese positive Eigenschaft zu erzeugen, aber es ist keine Garantie. Dies kann durch eine Minimierung des Abstichs oder des Aufrührens des Hefesatzes, durch den Einsatz von Eichenfässern oder durch inerte Schutzgase erreicht werden. Aber der Erfolg hängt von der Art der verwendeten Hefen und dem Redox-Potential (der Wahrscheinlichkeit, eine Reduktion zu verursachen) eines Weins ab.

Der Weinautor Jamie Goode hat kürzlich einen Blog zu diesem Thema veröffentlicht, in dem er die Wissenschaft viel detaillierter erklärt.

Bauernhof/Pferdestall/Brettanomyces
Brettanomyces ist eine wilde Hefe, die ihren Weg in Weinfässer findet und den darin reifenden Wein beeinflussen kann. Das Ergebnis ist eine Vielzahl von Aromen, die gemeinhin als «Bauernhof», «Pferdestall», «Tier» (animalisch), «nasses Fell» oder «Dung» beschrieben werden, um nur einige Variationen zu nennen, aber alle verströmen eine überwiegende Wahrnehmung eines Bauernhofs. Die Hefe kann durch die Trauben selbst, die Ausrüstung der Weinkellerei oder die Fässer in den Wein eindringen, kann aber durch die angemessene Verwendung von Schwefeldioxid während des Weinherstellungsprozesses verhindert werden.

Die Hefe kann auch durch Filtern aus dem Wein entfernt werden, um den Wein zu stabilisieren und die Entwicklung solcher «Stall»-Aromen zu verhindern. Einige Noten von Brett sind wünschenswerter als andere, und wenn sie nicht vorherrschend sind, glauben einige, dass ein bisschen «Brett» die Komplexität eines Weines verbessern kann. Andere betrachten jede Andeutung von Brett als einen Fehler.

Reserve, Reserva und Riserva
Eine überstrapazierte Phrase, die in vielen Regionen, vor allem in der Neuen Welt, eher zu einem Marketinginstrument geworden ist. Hier wird der Begriff eher verwendet, um einen Wein zu kennzeichnen, den ein Erzeuger für qualitativ hochwertiger hält als andere in seinem Portfolio, was zwar richtig klingen mag, aber rechtlich kaum Bedeutung hat. In vielen Regionen (mit einigen Ausnahmen, die unten erwähnt werden) ist es ein subjektiver Begriff und hat kein grosses Gewicht in Bezug auf die Qualität, sondern ist eher ein Indikator dafür, wo der Wein in der eigenen Hierarchie des Produzenten steht.

Es gibt einige Länder, in denen die Verwendung dieser Bezeichnung gesetzlich vorgeschrieben ist. In Rioja darf Reserva nur für Weine verwendet werden, die eine Mindestalterungszeit von drei Jahren durchlaufen haben, wovon mindestens ein Jahr in Fässern und mindestens sechs Monate in der Flasche sein müssen. (Bei Weissweinen beträgt die Mindestreifezeit 2 Jahre, davon mindestens sechs Monate in Fässern). In ähnlicher Weise muss ein Cava Reserva mindestens 15 Monate gelagert worden sein.

In Italien haben Regionen wie Barolo, Barbaresco, Chianti Classico und Brunello di Montalcino alle ihre eigenen Regeln für die Verwendung von Riserva, während in Österreich Reserve-Weine einen Mindestalkoholgehalt und definierte stilistische Anforderungen erfüllen müssen, um eine Qualitätsprüfung durch ein Verkostungsgremium zu bestehen.

Rebsorte versus Wein
Ein besonderes Schreckgespenst der Autoren. Obwohl es nicht die grösste Sünde der Welt ist, ist es doch etwas irritierend, wenn diese beiden Begriffe falsch verwendet werden. Der englische Text kann nicht übersetzt werden, weil in der deutschen Sprache andere Begriffe zum Einsatz kommen.

Variety is a noun and refers to a specific grape, such as Chardonnay. You don’t «grow lots of varietals», but lots of «varieties».
Varietal is an adjective. You can make a varietal wine made from one variety, for example. Or describe the varietal characteristics of Sauvignon Blanc as including passion fruit and grass.

In der deutschen Sprache stellt sich vielmehr der Unterschied zwischen Rebsorte und Wein. Häufig ist zu lesen, dass der Chardonnay nur zweimal gespritzt werden musste und er spät gelesen wurde. Das ist verwirrend, denn Wein wird höchstens an der Bar gespritzt (mit Limo oder Sprudelwasser). Und wie bitte wird der Chardonnay (der Wein) spät gelesen. Zum besseren Verständnis sind Ergänzungen wie die Chardonnay-Reben oder die Chardonnay-Trauben nötig.

Übersetzung Gabriel Tinguely
(Quelle: Lauren Eads, the drinks business)

 


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