2013-08-14

Spirituosen: Kommission heisst Ausbeute-Besteuerung gut

Mit 14 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung hat sich die WAK des Nationalrates für die Ausbeutesteuer ausgesprochen. Allerdings will die Wirtschaftskommission den Systemwechsel etwas einschränken, berichtet die Nachrichtenagentur SDA. Statt der tatsächlich gebrannten Menge Alkohol soll künftig die Alkoholausbeute besteuert werden. Damit würde die Steuer aufgrund von Produktionsschätzungen erhoben werden. Erzielt ein Brenner eine höhere Ausbeute, kann er über diese zusätzliche Alkoholmenge steuerfrei verfügen. Dieses Verfahren wird bereits in Deutschland und Österreich angewendet. Das hiesige Brennereigewerbe erhofft sich mit der Ausbeutebesteuerung gegenüber der ausländischen Konkurrenz wettbewerbsfähiger zu werden.

Weiter hat sich die WAK-N gegen das vom Ständerat gutgeheissene Nachtregime ausgesprochen. Dieses sieht ein Verbot von Alkoholverkäufen im Detailhandel von 22 bis 6 Uhr vor. Abgelehnt hat die Wirtschaftskommission zudem die Forderung des Ständerats nach Mindestpreisen für Alkohol. Als nächstes wird der Nationalrat die Totalrevision des Alkoholgesetzes beraten.

 

 


 

Die Hintergründe:

Brennereien bangen um Zukunft

Am 20. März 2013 befasste sich der Ständerat mit der Totalrevision des Alkoholgesetzes. Die Brennerbranche fordert tiefere Steuern, um gegenüber der ausländischen Konkurrenz bestehen zu können. Sonst drohe der Inlandproduktion endgültig das Aus.

Es sind die Eckwerte eines beispiellosen Niedergangs: Die Anzahl gewerblicher Brennereien nahm seit 1992 um 74 Prozent auf 234 ab. Im gleichen Zeitraum schrumpfte die Produktion von Destillaten um 61 Prozent, während die Importe um 267 Prozent zulegten. Kam die Spirituosenbranche Mitte der 1980er Jahre auf einen Marktanteil von über 80 Prozent, sind es heute gerade noch 16 Prozent. Die Totalrevision des Alkoholgesetzes, mit der sich der Ständerat am 20. März als Erstrat befasst, könnte dem Brennereigewerbe nun endgültig den Todesstoss verpassen. "Wenn das Alkoholgesetz gemäss vorliegendem Entwurf in Kraft tritt, verschwinden die Gewerbebrenner mit all ihren Arbeitsplätzen", warnt Ernest E. Dällenbach, Zentralsekretär des Schweizerischen Spirituosenverbandes (SSV). Der Schweizer Obstverband (SOV) befürchtet, dass damit der Druck auf die Hochstammbäume, auf denen der Rohstoff für das Brennereigewerbe wächst, weiter zunimmt. Der Bestand sei in den letzten vierzig Jahren bereits um 80 Prozent zurückgegangen – mit negativen Folgen für die Ökologie und das Landschaftsbild. Trotz Beiträgen hätten die Hochstämmer nicht wirksam geschützt werden können, weil der Markt für die Früchte zusehends geschrumpft sei.

Revision des Alkoholgesetzes: Das sind die Ziele
Das aus dem Jahr 1932 stammende Alkoholgesetz ist eines der ältesten Gesetze des Bundes. Mit der Totalrevision soll es nun an die heutigen Gegebenheiten angepasst werden. Der Bundesrat will den Ethanol- und Spirituosenmarkt liberalisieren: Die Bundesmonopole auf den Import und die Herstellung von Ethanol sowie dasjenige auf die Herstellung von Spirituosen sollen aufgehoben werden. Künftig soll damit die Wirtschaft selbst Ethanol importieren dürfen. Alcosuisse, die im Auftrag des Bundes das Ethanolmonopol verwaltet, soll deshalb privatisiert werden. Und die Eidgenössische Alkoholverwaltung will der Bundesrat in die Eidgenössische Zollverwaltung integrieren. Das Steuersystem soll gestrafft werden: Heute gelten 48'000 Personen, die einem Lohnbrenner Spirituosen herstellen lassen, als «Hersteller». Neu sollen die Lohnbrenner als eigentliche Hersteller der Steuerpflicht nachkommen. Ferner will der Bundesrat die Beschränkungen der Spirituosenwerbung leicht lockern, den Jugendschutz beim Verkauf alkoholischer Getränke will er stärken. Ausserdem schlägt der Bundesrat ein «Nachtregime» vor – ein Verbot des Alkoholverkaufs im Detailhandel und der Lockvogelangebote beim Ausschank zwischen 22 und 6 Uhr.

Höhere Steuern in der Schweiz
Die Brenner und Obstbauern stören sich an der Politik des Bundes: Zum einen hat er seine schützende Hand in den letzten Jahren immer mehr zurückgezogen, hat Zölle abgebaut, Abnahmegarantien aufgekündigt und damit einen Strukturwandel ausgelöst, der die Branche gehörig durchgeschüttelt hat. Zum anderen ist er nicht bereit, der Forderung des Brennereigewerbes nach einer gerechteren Besteuerung nachzukommen. Auch mit dem revidierten Alkoholgesetz sollen die Spirituosenhersteller weiterhin für jeden Liter reinen Alkohol 29 Franken Steuern bezahlen müssen. Damit könne man gegenüber der ausländischen Konkurrenz nicht mithalten, beklagt das Brennereigewerbe. Denn: «Die Schweizer Alkoholsteuer ist im Durchschnitt 50 Prozent höher als diejenige unserer Nachbarländer», erklärt Dällenbach. Gewisse Kreise hätten gar eine Erhöhung gefordert. Anstatt die Alkoholsteuer generell zu senken, schlägt der Bundesrat stattdessen ein gestaffeltes System vor: Wer bis zu 1'000 Liter reinen Alkohol produziert, soll 30 Prozent weniger Steuern zahlen müssen. Danach nimmt die Steuerermässigung mit zunehmender Menge stufenweise ab. Ab 2'000 Liter ist die volle Steuer fällig. Solche Vorzugskonditionen brächten lediglich Kleinst- und Hobbybrennereien einen Vorteil, während die gewerblichen Brennereien gegenüber der ausländischen Konkurrenz weiterhin benachteiligt blieben, kritisiert Dällenbach. Auch bestehe die Gefahr von Missbräuchen z.B. durch organisierte Gruppierung von Kleinmengen.

Gleich lange Spiesse gefordert
Das will der Urner CVP-Ständerat Isidor Baumann ändern. Er hat einen Antrag gestellt, worin er einen Systemwechsel bei der Besteuerung verlangt: Nicht mehr der Alkohol an sich soll besteuert werden, sondern die Alkoholausbeute der Rohstoffe. Damit würde die Steuer aufgrund von Produktionsschätzung erhoben werden. Der Bundesrat könnte dann beispielsweise die Alkohol-Ausbeute aus 100 kg Kirschen auf 5 Liter festlegen. Erzielt der Brenner eine höhere Ausbeute, kann er über diese zusätzliche Alkoholmenge steuerfrei verfügen. Dieses System werde bereits seit Jahren in Deutschland und Österreich angewendet, erklärt Dällenbach. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Ständerats hat sich gegen die Ausbeutebesteuerung ausgesprochen. Mit 5 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen fiel der Entscheid allerdings knapp aus. Geltend gemacht wurden finanzpolitische Gründe. Denn mit der Ausbeutebesteuerung entgehen dem Bund Einnahmen. Berechnungen des Obstverbandes zufolge handelt es sich um 23 Mio. Franken. Bedenken äusserte die WAK zudem bezüglich Konformität der Ausbeutebesteuerung mit internationalen Verträgen. Der Bundesrat hält in der Botschaft zur Totalrevision des Alkoholgesetzes fest, dass die «schweizerische Steuer deutlich höher» sei als vergleichbare Steuern der Nachbarländer. Die tiefere Mehrwertsteuer in der Schweiz mache diesen Nachteil aber teils wieder wett. Das sei ein Trugschluss, erklärt Dällenbach.

Quelle: lid, Michael Wahl


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